Die Auerhahn Höhenloipe und der Südafrikaner

Der Langlaufsport und der Bayerische Wald gehören unzertrennlich zueinander. Jedes Jahr wenn der erste Schnee fällt zieht es die Einheimischen hinauf in die Hochlagen rund um den Großen Arber, wo sich mit Bretterschachten, Eck und Schareben die schneesichersten Langlaufareale in Mitteleuropa befinden. Schon bald darauf verbindet die Auerhahn Höhenloipe auf 30 Kilometern einfacher Streckenlänge diese Loipen zu einem einzigartigen Wintererlebnis. Es ist die Heimat von Typen wie Oliver Kraas.

Eigentlich sind wir eine Segler-Familie

– O.K.

Für Oliver Kraas kam es aber doch anders, woran der Bayerische Wald nicht ganz unschuldig ist. Die Geschichte des Südafrikaners, der sein Herz an den Langlaufsport verlor und im Woid sein Glück gefunden hat.

Langlaufen ist wie fliegen

– O.K.

Nicht bei jeder Schneeart und nicht bei jeder Tagesform, doch wenn Oliver Kraas ins Schwärmen gerät lässt sich erahnen warum er sein Leben dereinst in ganz eigene Bahnen gelenkt hat. Heute ist er ganz Waidler, auch wenn es der Dialekt nicht sofort vermuten lässt. Seine Familie, sein Leben, sein Mittelpunkt liegt ganz fest verankert in diesem Dorf unterhalb des Großen Arbers, dem Zentrum des Bayerischen Waldes. Dass es ihn dorthin verschlägt war anfangs ebenso unwahrscheinlich wie es in der Rückschau selbstverständlich erscheint. Ein Langläufer hat seinen Traum gefunden und lebt ihn tagein, tagaus.

Das Video-Portrait

Geboren ist er in Südafrika, als Kind deutscher Eltern, die sich wiederum in Kanada kennen gelernt haben. Ein Leben als Weltenbummler schien ihm in die Wiege gelegt, reiste er doch schon bald zurück in die Heimat und lernte hier den Skisport kennen. Es wäre nun zu einfach wenn dies durch einen Langlauflehrer passiert wäre. Nein, es war im Segelsportclub, bei dem er den ersten Kontakt mit dem Skisport aufnahm. Angefeuert von seinem Bruder war er schon bald der schnellere der beiden und derjenige mit der größeren Motivation. Es folgte die klassische Ausbildung am Skigymnasium, die sich zunächst jedoch als Sackgasse erwies. Der gerade Weg war noch nie der richtige für einen Oliver Kraas.

Erst ein paar Jahre später holte ihn der Ruf der großen weiten Welt ein. Da hatte er bereits ein Studium der Sportökonomie aufgenommen und ein Leben in der Provinzstadt begonnen. Vom Langlauf war er nie los gekommen, doch der Leistungssport war lange kein Thema mehr. Doch Südafrika suchte eine starke Mannschaft und das Geburtsrecht hatte ihm den passenden Pass erhalten. Am Scheideweg zwischen Studium, Beruf und Heimatland galt es nun eine Entscheidung zu treffen, die den Rest des Lebens bestimmen sollte. Trainingsbedingungen, Lebensart, die richtige Einstellung zu Leistung und Herausforderung, wo das zu finden war wusste Oliver Kraas ziemlich genau. Der Umzug in den Bayerischen Wald war fällig.

Fünfzehn Jahre später sitzen wir gemeinsam im Haus in Regenhütte. Frau und Kind sind draußen unterwegs, wo sonst. Auch der kleine Levi will doch ein richtiger Waidler werden. Und Ollis Frau kennt sowieso jeder im Dorf, nicht erst seitdem sie den Südafrikaner geheiratet hat. Sie hat schon ihr ganzes Leben hier verbracht. Doch weggehen wäre auch ohne die Familie keine Option. Der Wald, das Leben auf keineswegs so flachen Bergen und alles drum herum haben nun sein Leben fest im Griff. Das was er dereinst für sich selbst an Ausrüstung organisieren musste, ohne großen Verband und Sponsor im Rücken, macht er nun für andere. Wie sagt man unter Langläufern im Bayerischen Wald? “Geh zum Olli, der hat das gute Zeug”. Gemeint sind natürlich Ski, Stöcke, Klamotten, Wachs. Als Vertriebler für die besonderen Marken, die nicht im großen Stil mit eigenen Teams bei den Sportgeschäften aufschlagen, ist er ganz in seinem Element. Aus genau diesem Grund ist er immer noch viel unterwegs, was der einzige Grund ist ihn davon abzuhalten noch öfter auf den Loipen rund um den Großen Arber unterwegs zu sein. Zum Testen, Vorführen oder einfach nur für die eigene Fitness sind die Loipen hier oben einfach ideal.

Zehn Minuten sind es bis zur nächsten Loipe

– O.K.

Und zwar egal zu welcher Zeit im Winter – das ist der Bayerische Wald. Loipen gibt es hier an jeder Ecke. Wenn der Schnee passt läuft die bekannte Bayerwald-Loipe direkt hinter Olli’s Haus vorbei. Wenn nicht, ist das Problem auch kein großes. Spätestens in zehn Minuten ist der Bretterschachten erreicht und damit eines der schneesichersten Langlaufgebiete in ganz Mitteleuropa. Die Saison dauert hier von Ende November bis Anfang April, auch in Zeiten des Klimawandels. Wenn dann die Zeit noch reicht gehts ab auf die Auerhahn-Höhenloipe. Benannt nach dem Wappentier der Bayerischen Waldes, das sich hier gelegentlich leibhaftig antreffen lässt, ist diese Tour die Königsetappe. Auf 30 Kilometern in einfache Richtung gibt es weder eine Straßenquerung zu meistern noch ist sonst eine Störung des Langlauf-Flows zu erwarten. “Etwas ähnliches gibt es nur in Skandinavien”, glaubt sich Oliver Kraas an seine Trainingslager zu erinnern. Flott laufbare Anstiege wechseln hier mit rasanten Abahrten ab, konkurrieren mit kilometerlangen Flachstücken, während sich Waldschneisen mit Panoramen abwechseln. Wer diesen Erzählungen lauscht und die passenden Bilder dazu im Kopf hat stellt sich unweigerlich die Frage: Oliver Kraas ohne den Bayerischen Wald? Einfach undenkbar! Und was wäre der Bayerische Wald ohne Oliver Kraas? Wohl vorstellbar, aber um einen echten Typen ärmer.

Weiterführende Links

Auerhahn-Höhenloipe

Bretterschachten

Schneebereicht Bayerischer Wald